Die letzten Tage des Zweiten Weltkrieges in der Gemeinde Katterbach mit ihren Ortsteilen Altkatterbach, Kreben und Oberndorf
Dokumentation von Theod. Gg. Richert 1975
Teil 10
 
 

Persönlicher Bericht von Frau Anna Heller, geb. 15. 5. 1934,
Kreben Nr. 11 1/2 (Anwesen Billing).

Während des Krieges wurden wir häufig durch Fliegeralarm gestört, besonders in den letzten Tagen. Das könnte darauf zurückzuführen sein, daß ein Flugplatz von Großhabersdorf über Seubersdorf, Oberreichenbach bis an die Grenzen von Kirchfarrnbach reichte. Es wurden Flugschüler ausgebildet und daher war der Flugplatz ständig von deutschen Soldaten besetzt.

Der Fliegeralarm wurde durch eine Sirene vom Flugplatz ausgelöst. Durch rechtzeitiges Auslösen konnten sich alle Bürger in Sicherheit bringen. Von einem gewissen Alter an, (genau weiß ich es nicht mehr, war erst 11 Jahre alt) hatte jeder Bürger eine Gasmaske.

Mein Vater war als Soldat in Rußland, meine Mutter und meine Großmutter, die diese Schreckenstage miterlebt haben, sind nicht mehr am Leben. Im Wald, der sich hinter Kreben entlangzieht, war am Ortseingang und am Ortsausgang jeweils ein Bunker. Bürger aus Kreben hatten ein Loch ausgehoben, ca. 20 qm - 2 m tief, legten darüber starke Hölzer und bedeckten es wieder mit Erde. Ein schmaler Gang diente als Ein- und Ausgang. Im Inneren des Bunkers war nur eine spärliche Holzbank, die Sitzgelegenheit bot. Der Bunker wurde meist von den älteren Leuten aufgesucht, die Jungen hielten sich am Waldrand auf und beobachteten, wie die Flieger die Stadt Nürnberg und die Stadt Fürth angriffen.

Auf einem Schubkarren luden wir Wäschestücke auf und nahmen Kleidungsstücke mit. Der Wald war in den letzten Tagen meist von deutschen Soldaten besetzt. Wir wurden am 13./14. April abends und in der Nacht von deutschen Soldaten besucht; sie baten um Kleidung und Nahrungsmittel. Um nicht in Gefangenschaft zu kommen, verließen sie ihre Einheit. Meine Mutter kleidete fünf Soldaten ein und versorgte sie mit Nahrungsmitteln. Sie versteckten sich bei uns in der Scheune, als meine Mutter ihnen jedoch noch einmal Milch bringen wollte, waren sie verschwunden. Sie ließen nur eine Taschenlampe und einen Zettel mit den Worten zurück: „Leider konnten wir nicht mehr länger warten, der liebe Gott möge euch vergelten; Namen können wir nicht nennen." Wir wissen nur, daß sie aus Forchheim waren.

Am 16. April, gegen 11.00 Uhr, wurde von den deutschen Soldaten Panzeralarm ausgelöst. Nahrungsmittel hatten wir in großen Kisten verpackt und vergraben. Wäschestücke wurden in unserem Scheunenkeller versteckt. Meine Großmutter, meine Mutter, meine Schwester und ich hielten uns im Haus auf. Plötzlich fielen die ersten Schüsse, meine Mutter schaute hinaus, da kamen die ersten Panzer aus dem Katterbacher Wald. Dann spielte sich alles in einigen Minuten ab. Die deutschen Soldaten leisteten Widerstand und es kam zu einer heftigen Schießerei. Es gab im ersten Augenblick keine Möglichkeit eine weiße Fahne zu hissen. Meine Mutter bat einen Soldaten, doch nicht mehr zu schießen. Darauf schrie er: „Was Befehl ist, ist Befehl!"

Schließlich verließen wir unter Kugelhagel unser Haus und flüchteten zum Nachbarn Vogel in den Keller. Meine Mutter bemerkte gerade noch, daß unsere Scheune brannte. Sie und Herr Vogel gingen zurück, um das Vieh zu retten. Mit Hilfe der Nachbarn konnte das Großvieh gerettet werden, die Schweine verbrannten. Löschen konnten wir nur soviel, wie wir Wasser aus unserem Brunnen herbeischaffen konnten. 2 Scheunen, 1 Strohhaufen und 1 Flachshaufen brannten mit ab.

Die Amerikaner durchsuchten die Keller nach deutschen Soldaten. Die Familie Kohler hielt die Türe zu und wurde daher erschossen.

Oberhalb von Kreben fiel ein deutscher Soldat. Er ist in Kirchfarrnbach beerdigt. Längere Zeit später wurde er wieder ausgegraben und in seine Heimat überführt.

Kreben war einen Tag lang von den Amerikanern besetzt. Wir selbst wurden nicht ausgeraubt.

Mit den ausländischen Arbeitern haben wir uns immer gut verstanden.

Kreben, den 9. 2. 1973
gez. Anna Heller

 
 
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