19. April 1915 Feldpostbrief von K. Billing
 
 
 
 
 
     
 
         
   

Mericourt, den 19. April 1915

Geehrter Herr Pfarrer!

Habe Ihren werten Brief erhalten, welcher mich sehr erfreute und ich bestens dafür danke. Es hat längere Zeit gedauert, bis ich zum Schreiben gekommen bin, denn wir haben jetzt zwei Tage Schützengraben und einen Tag Bereitschaft. Müssen in der Nacht nach der Bereitschaft immer schanzen bis früh drei Uhr und kommen erst dann um sechs Uhr ins Quartier. Habe die zwei bis drei Tage auch nicht viel Ruhe, denn es gibt da auch immer Arbeit. Doch denke ich, es wird jetzt auch noch reichen.

Meine Frau hat mir geschrieben, daß Herr Pfarrer nach mir gefragt hat und solle ihm doch Antwort schreiben. Wir sind immer noch in unserer Stellung links der Lorettohöhe und es geht nicht ohne Verluste ab, wenn wir in Stellung sind. Wir sind stellenweise sehr nahe beisammen von 50 bis 80 Meter, da geht es nicht mehr schön zu. Die Franzosen schießen Minen, Handgranaten und alles Mögliche. Auch Minen sprengen sie, aber alles hilft ihnen nichts.

Wie wir das letzte Mal in Stellung waren, waren alte Mannschaften uns gegenüber im Graben. Sie haben gerufen: Kameraden, nicht schießen, und sie haben auch nicht geschossen.

Mit denen waren wir an Weihnachten am ersten Feiertage beisammen. Da ist alles aus den Graben und zusammen gelaufen. Hat aber nicht viel Wert gehabt, denn wir habens am 27. Dezember wieder dann mit ihnen zu tun gehabt, wo mein Kamerad Ittner gefallen ist und ich Gott sei Dank glücklich durchgekommen bin. Es ist mir eine Kugel durch Mantel, Rock und Brotbeutel gegangen. Wie wir den Graben gestürmt gehabt haben, (wurden) wir zweimal verschüttet durch schweres Artilleriefeuer und mir (ist) weiter nichts passiert.

Habe diese Zeit, seitdem ich im Feindesland stehe, schon vieles durchgemacht. Der liebe Gott hat bisher geholfen und wird noch weiter helfen und vielleicht doch bald ein Ende machen.

Wir haben jetzt schönes Wetter, da auch die Gräben ziemlich trocken werden. Winter über ist es sehr dreckig gewesen und hat man immer bis zu den Knien in Dreck und Wasser waten müssen. Vielleicht wird doch bald der liebe Gott eintreten und ein Ende machen, daß wir, wenn es Gottes Wille ist, wieder in unsere Heimat ziehen können. Ich schließe jetzt und hoffe, daß mein Brief Herrn Pfarrer nebst Frau und Kinder gesund antrifft, wie er mich verläßt.

Besten Gruß K. Billing

Harre, meine Seele, harre des Herrn!
Alles ihm befehle, hilft er doch so gern.
Sei unverzagt! Bald der Morgen tagt,
und ein neuer Frühling folgt dem Winter nach.
In allen Stürmen, in aller Not,
wird er dich beschirmen, der treue Gott.

   
         
 
     
 
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