Jagdfrevel (3. Teil)

         
   

Der Wilhermsdorfer Forstwart Johann David Döllner (39 Jahre) hatte den Georg Simon aber nicht nur einmal beim Wildern erwischt. Nach dem 1. September, als er ihn zum ersten Male gestellt hatte, traf er ihn noch einige Male an mit dem Gewehr in der Hand! Aber immer hatte der geschickte Wilderer eine Ausrede parat oder es gelang ihm, wenn er Wild bei sich trug, im Wald zu verschwinden.

Dass Georg Simon mehrere Gewehre besaß, konnten weder er noch seine Schwester oder seine Mutter, die ebenfalls vernommen wurden, abstreiten. Als sie nach dem Grund der Anschaffung gefragt wurden, sagte die Schwester: "Es hieß allgemein, es werde wieder die Landwehr errichtet, und deswegen hat sich mein Bruder das Gewehr erst vor einigen Wochen angeschafft"

Auf die Frage des Richters, ob ihr Bruder sonst keinen Zweck bei der Anschaffung des Gewehres verfolgte, gab sie frech zur Antwort: „Ja, auch zum Hausschutz hat er es angeschafft, denn es wurden vor kurzem dem Müller zu Adelsdorf die Fenster eingeworfen, wobei er beinahe derworfen worden wäre. Man hat Feinde, gegen die man sich schützen muss. Zur Jagd hat sich mein Bruder das Gewehr nicht angeschafft, denn wir haben keine Zeit dazu. Wir haben ein paar Morgen Acker, welche wir mit der Hand bebauen müssen. Sie haben gesehen, bei der Haussuchung, dass wir Schweinfleisch haben, das könnte auch gestohlen werden."

Eine ganze Reihe von Zeugen, die noch dazu vernommen wurden, stritten hartnäckig jegliche Wilderei ab. Sie hatten alle nichts gesehen und auch nichts gehört. Keiner machte eine konkrete Aussage, mit der die Anzeige des Forstwartes hätte bestätigt werden können.

Lediglich das Schießen auf streunende Hunde, das Knallen in den Obstgärten und Rübenäckern, die nahe am Wald lagen, wurde in unschuldigster Weise von den größten Wilderern bei ihrer Vernehmung zugegeben. Obgleich mehrere von ihnen gesehen wurden, wie sie Rehe und Hasen heim schleppten, diese im Hof aufbrachen und säuberten und alles am hellichten Tage -, leugneten sie beständig. Fast immer wurden wildernde Hunde vorgeschoben, die es aus reinem Pflichtgefühl zu vertreiben oder zu töten galt.

Unverständlich mild fielen die Urteile aus, die von dem "Kreis- und Stadtgericht Nürnberg" im Namen Seiner Majestät des Königs von Bayern" wegen Jagdfrevels" gefällt wurden: Der ledige Tagelöhner Georg Simon Mohr wurde für schuldig erkannt und zu "achttägiger, durch Umweisung der Lagerstätte auf bloßen Brettern, sowie durch Entziehung der warmen Speise an jedem dritten Tage doppelt geschärfter Gefängnisstrafe, dann in die Kosten des Prozesses verurtheilt..." Letztere wurden ihm jedoch wegen seiner "Vermögenslosigkeit" erlassen und fielen der Königlichen Staatskasse zur Last.

Auch die weiteren Urteile fielen angesichts der eigentlich immer als schweres Verbrechen betrachteten Wilddieberei ungemein milde aus:

Schmiedemeister Johann Wolfgang Böhm wurde wegen Jagdfrevels zu einer fünftägigen Gefängnisstrafe und wegen des nicht herbeigeschafften Schießgewehrs zu einer Geldstrafe von fünf Gulden verurteilt,

der Tagelöhner Simon Riedel von Altkatterbach wird mit 12-tägigem Gefängnis bestraft,

der Maurergeselle Conrad Kanzler von Kreben wird mit 8-tägigem Gefängnis und dessen Sohn Schneidermeister Kaspar Christoph Kanzler von Meiersberg mit 5-tägigem Gefängnis bestraft.

Der Schmiedssohn Georg Pfänder von Kreben wurde zu einem 36-stündigen Arrest verurteilt.

Hatte sich im Denken der Richter so vieles gewandelt? War ihnen die Beweislast nicht ausreichend oder war es gar die historische Situation des Revolutionsjahres 1848? - Fragen, die wir heute kaum noch beantworten können.

Die Verwunderung über diese Urteile jedoch bleibt, denn Wilderei war in den vergangenen Jahrhunderten als ein schweres Verbrechen angesehen worden.

   
   
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