Der Eberlein von Katterbach

 
 

Im Kreise Mittelfranken liegt ein Ort, -
Altkatterbach schreibt man das Dörfchen an.
Den Markgrafen von Ansbach waren dort
wie rings im Land die Bauern untertan.
Sie lebten schlecht und recht und waren froh,
wenn ihre Arbeit gute Früchte trug,
denn Wetter, Krieg und Zehnten brachten so
zu Zeiten Not und Ärgernis genug.

Alteingesessen in dem Dorfe war
ein „großer“ Bauer, namens Eberlein.
Besaß viel Feld und Wald und Vieh, - sogar
sechs gute Arbeitspferde waren sein.
Der Mann war angesehen weit und breit.
Gerechtigkeit, Zucht, Ordnung herrscht im Haus.
Ein jeder Nachbar fand ihn hilfsbereit
und gerne half er immer wieder aus.

Dies nebenbei nur! – Was ich sagen will,
ist: Er besaß auch echten Bauernstolz.
Er hielt auf seine Bauernehre viel.
Was die betraf, war er aus hartem Holz.
Er hing der angestammten Scholle an.
Ein Bauer war er, - das war ihm genug.
Und weil ihm meist gelang, was er begann,
war Selbstbewusstsein sein Charakterzug.

Von diesem wird erzählt: Der Bauer schlug
in seinem Walde Bauholz größter Norm.
Den Wagen, der die mächt’gen Stämme trug,
bespannt er mit sechs Rossen bester Form.
Wie nun das Fuhrwerk auf dem Wege rollt
und da mit Vorsicht jede Biegung nimmt,
da kommt auf seinem Pferde angetrollt
der Markgraf, - schaut – und hält – und spricht ergrimmt:
„Heh, Bauer, -- weiß Er nicht, was sich gehört? –
Sechsspännig fährt der Markgraf, nach Gebühr.
Dagegen ist dem Bauersmann verwehrt,
an Pferden vorzuspannen mehr als vier!“ –

Als nun auch Jagdgefolge näher kam,
merkt schon der Bauer, dass der Markgraf spricht
und ohne Zögern er das Wort sich nahm:
„Herr Markgraf, mit Verlauf, ich kannt Euch nicht.
Hochdero Gnaden biet ich meinen Gruß
und wünsche gut Gejaid auf dieser Jagd.
Was aber mein Gespann betrifft, so muß
ich sagen, daß ich nie darnach gefragt,
denn je nachdem es nottut, spann ich ein. -
Das mach ich immer so, wie ich es mag, -
und heute mußten es sechs Pferde sein. –
Ich bin der Eberlein von Katterbach!“

Der Markgraf hört des Mannes freies Wort.
Wohl war vom Zorn noch das Gesicht ihm rot,
doch änderte die Stimmung sich sofort,
als er dem Bauern seine Rechte bot.
„Ich ehre“, - sprach er, - „den geraden Sinn,
der sich in Eurer Antwort offenbart,
und so wie bisher fahret weiterhin.
Ich liebe Untertanen Eurer Art!“

Der Bauer mit den Knechten sich empfahl.
„Hüh, Brauner, - Vorwärts Fuchs“ und „Rappe Hüh!“
Sechs Rosse zogen an mit einemmal.
Der Markgraf selber freut sich über sie:
„Aus einem Gusse scheint das Prachtgespann,
wie es mit Eifer trachtet nach dem Ziel.
Doch freut am meisten mich der Bauersmann,
der was ihm Recht dünkt, auch vertreten will!“

Es klingt der Spruch aus längstvergangener Zeit
noch heute nach im Ansbachischen Land.
Man greift zurück auf die Begebenheit,
obwohl nicht jedermann den Schlüssel fand.
Wenn man dort Jemand vor die Frage stellt:
„Warum nicht so … ?“ – dann spricht er sicher: -„Ach“,
grad wie der Eberlein von Katterbach!“

 
     
    Vermutlich verfasst von
Hans Eberlein (* 1877), dessen Urgroßvater Konrad Eberlein in Katterbach war.
Der Brief vom 8.12.1954
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