Ein heimatgeschichtlicher Gang durch Kirchfarrnbach
Zeitungsartikel über die Grenze zu Oberndorf (Abschrift)
Hinter dem Ortsschild Oberndorf beginnt linksseitig der Landkreis Neustadt. Dort steht auch das Anwesen Däumler. Das Haus auf der rechten Seite des Bildes - auf gleicher Höhe wie das des Gemeinderates - gehört zu Kirchfarrnbach und damit zum Landkreis Fürth. Der benachbarte Landkreis endet dort, wo der Zaun rechts der Straße abschließt. Bis dorthin gehört die Straße   auch noch in den benachbarten Landkreis. Dann gehört sie zum Landkreis Neustadt. Alles was rechts dieser Straße liegt, gehört wiederum in den Landkreis Fürth bis hin zu den Häusern im Hintergrund. Auf dem zweiten Bild ist Gemeinderat Georg Däumler zu erkennen, der seine Enkelin - sie steht noch im Landkreis Fürth - zurückholt.
 
Zum Spielen springen die Kinder in den Kreis Fürth
Georg Däumler - der letzte Gemeinde-Politiker des Kreises Neustadt - kehrt Fürth die Straße
 
O b e r n d o r f. "Lehrer gehören zu den häufigsten Besuchern, die sich bei uns danach erkundigen, welche Bewandtnis es mit dem Landkreis-Kuriosum auf sich hat", berichtet Frau Winkler, die Tochter des Gemeinderates Georg Däumler aus Oberndorf. Georg Däumlers Haus ist das letzte im Landkreis Neustadt. Die Straße vor seinem Anwesen gehört bereits zum Landkreis Fürth. Sein westlicher Nachbar 50 Meter weiter wohnt ebenfalls im Kreis Neustadt. Sein Nachbar in nördlicher Richtung - zehn Schritt auf der anderen Straßenseite - gehört wiederum nicht mehr in den Landkreis Neustadt. Er wohnt in Kirchfarrnbach auf gleicher Höhe wie Georg Däumler in Oberndorf.
 

Fünf Meter weiter steht das Ortsschild. Es ist kein gewöhnliches Ortsschild, dessen eine Seite mit der Entfernungsangabe zum nächsten Dorf beschriftet zu sein pflegt. Es gleicht einer Münze, die auf dem Kopf einen Zweimarks-Wert und auf der Rückseite einen Fünfmarks-Wert angibt. Auf der westlichen Seite des Schildes steht "Oberndorf, Gemeinde Katterbach, Landkreis Neustadt", auf der südlichen steht "Kirchfarrnbach, Landkreis Fürth".

Nördlich der Straße ist ein Zaun gezogen. Der Landkreis Fürth endet - von Fürth kommend - rechtsseitig weit im Ortsteil Oberndorf am letzten Betonpfahl des Zaunes. Hier beginnen die Bauernhöfe der Neustädter Kreisbürger. Würde man das Ortsschild bis dorthin zurück- oder vor-verpflanzen, würde man der Rechtssituation ebenso wenig gericht wie jetzt. Denn links der Straße liegt - wie gesagt - das Anwesen des Gemeinderates, das noch ganz zum Landkreis Neustadt gehört.

"Die Leute schildern das irrtümlich noch drastischer", meint Georg Däumler. "Sie sind des Glaubens, daß ich im Landkreis Fürth schlafe um Landkreis Neustadt esse. Das stimmt nicht." Aber wenn seine Enkel auf die Straße laufen,

 

dann muß er "ganz in den nächsten Landkreis", um sie zurückzuholen. Denn die Straße gehört einwandfrei bis zu den Bauernhöfen hinter dem Zaun zum Landkreis Fürth.

"Ein jeder kehre vor seiner eigenen Tür" hat ein Bürger der Gemeinde Unternesselbach im Landkreis Neustadt an seine Hauswand geschrieben. Für die Tochter von Georg Däumler gilt das nicht. Was schert sie der Dreck aus dem Landkreis Fürth? - Mag sein, daß der Tankstellenbesitzer auf der anderen Straßenseite ein guter Rechner ist. Er baute seine Benzin-Zapfsäule in Kirchfarrnbach. Liegt die Gewerbesteuer zehn Meter schräg gegenüber höher als hier?

Die Oberndorfer sind ebenso "großstadtorientiert", wie manche andere Gemeinde im Landkreis Neustadt. Sie gehen nach Kirchfarrnbach (Landkreis Fürth) in die Kirche und schicken auch ihre Kinder dorthin in die Schule. Das hindert Georg Däumler jedoch keineswegs, der letzte kommunalpolitische Vorbote des Landkreises Neustadt in der Gemeinde Katterbach zu sein, die immerhin eine halbe Stunde Fußwegs abliegt.

js.

     
(Die Enkelin des Georg Däumler ist die heutige Frau Marianne Schwarz, Kirchfarrnbach A5. Sie hat diesen Zeitungsartikel der Fränkischen Landeszeitung vom 28. November 1964 zur Verfügung gestellt.)
 
 
zurück zum Inhaltsverzeichnis