Die letzten Tage des Zweiten Weltkrieges im Gebiete des Schulverbandes Wilhermsdorf Band II: Gemeinde Dippoldsberg mit Ortsteil Meiersberg
Dokumentation von Theod. Gg. Richert 1975
Teil 5

 
 

Die US-Truppen benahmen sich durchwegs gut und gesittet wie die meisten der o. a. Dokumente bemerkten. Dies wird schon daraus ersichtlich, dass auf die Frage nach Plünderungen und Übergriffe die Dok. Nr. 66, 75, 76, 77 und 80 verneinen, hingegen die Dok. Nr. 67, 69, 71, 72, 74 und 79 meinen "Plünderungen schon, Übergriffe weniger." "...echte Plünderungen waren es nicht." "...ja, aber nicht überall." „ja, zwei Taschenuhren und Eier", "...ein Schinken fehlte.“ " ja." Wobei allerdings nicht ersichtlich ist, wer diese "Plünderungen" vornahm.

Eins sei noch vermerkt, die US-Truppen errichteten in Meiersberg ein Lazarett, sonst könnte Dok. Nr. 79 nicht folgende Aussage machen (48): „Ja, eine Nacht, es war Lazarett."

Nun die Nacht vom 16. zum 17. April 1945 verging, wenn auch etwas laut, denn verschiedene Amerikaner und Fremdarbeiter feierten den Sieg. Berichtet doch Dok. Nr. 72 (49): "Sie (die Fremdarbeiter - der Verfasser) halfen den Amerikanern beim Siegfeiern." Übrigens, die Fremdarbeiter verhielten sich in Meiersberg, wie Dok. Nr. 67 zu berichten weiß (50): "anständig! Sie fungierten öfters bei Zwischenfällen von Deutschen und Amerikanern als Vermittler."

Sehen von all dem Treiben konnten die Meiersberger jedoch nicht viel, denn - wie überall in Deutschland - galten auch in Meiersberg die damals üblichen Zeiten für die Ausgangssperren, die erst im Herbst 1945 eine Lockerung erfahren sollten.

Nun, die Nacht verging und mit dem kommenden Tag rückten auch die US-Truppen in Richtung Dürrnfarrnbach ab. Die Meiersberger konnten nun wieder in ihre Häuser zurückkehren und sich dem Lebenskampf, der hart werden würde, nach diesem verlorenen Krieg, das wussten sie alle, erneut zu stellen. Jedoch, die Angst vor der Zukunft, das Bangen um ihre Angehörigen, die Sorge um das tägliche Brot, all das ließen die USTruppen in Meiersberg zurück.

Wie verlief jedoch der 16. April 1945 in Dippoldsberg?


Die Besetzung Dippoldsberg durch die US-Truppen am Montag, den 16. April 1945 und die Tage darauf.

Auch über Dippoldsberg ging an diesem Tage die Sonne strahlend auf und ein blauer Himmel versprach einen schönen, warmen Frühlingstag, zumal schon leichtes Grün die umliegenden Felder und Wiesen zierte. Allerdings, so darf man annehmen, dass die Dippolsberger für diese Schönheit der Natur an diesem Tage wohl keinen Blick übrig hatten; denn wie Dok. Nr. 82 aussagt (51): "am 16. April 1945 waren in unserer Ortschaft deutsche Soldaten." Dok. Nr. 93 gibt über dieses Ereignis nähere Auskunft (52): "Am Vormittag des 16. April 1945 (Montag) kamen zu uns 20 deutsche Soldaten. Sie sollten Dippoldsberg verteidigen. Vorläufig verlangten sie von uns Verpflegung für zwei Tage und eine Unterkunft. Sofort ließ unser Großvater - damals Bürgermeister der Gemeinde Dippoldsberg - Herr Georg Fischer der Einwohnerschaft wissen, dass die Verpflegung für die Soldaten bei uns abgeben sollte. So kam es, dass unser Wohnzimmer, in dem sich ein Leutnant und drei weitere Soldaten mit Landkarten und sonstigen Schreibarbeiten beschäftigten, bald in einen Vorratsraum verwandelte. Fleisch, Brot, Dosen, Eimer gefüllt mit Kaffee und Milch, standen zur Verfügung, d.h. umher."

Diese Einquartierung bereitete den Bürgern aus Dippoldsberg große Sorgen und vor allem Bürgermeister Fischer wusste um die Gefahr, in der seine Gemeinde sich befand, sollte es um und in Dippoldsberg zu Kampfhandlungen kommen. Was ja letztlich die Vernichtung der Lebensexistenz seiner ihm anvertrauten Bürger bedeutete.

Sicherlich deshalb entschloss er sich - was in diesen Tagen keineswegs ungefährlich war zu zwei Unterfangen.

1. Zur Aussendung eines Spähtrupps der Hitlerjugend, dessen Aufgabe es war, ... aber lesen wir doch selbst im Dok. Nr. 84 (53):

"Am 16. April 1945 wurden wir beide, ein Saarländer und ich, wir waren damals 15 Jahre alt und Angehörige der Hitlerjugend, um 8 Uhr zur Panzerbeobachtung in das Gebiet des Denzelbergs (bei Wilhermsdorf - der Verfasser) geschickt. Kurz vor Beginn der Kampfhandlungen (am Denzelberg, Kuhrswäldchen - der Verfasser) schickte uns ein Leutnant nach Hause," Dies geschah sicher, um über das Geschehen unterrichtet zu sein, damit Dippoldsberg vor einer Vernichtung bewahrt werden würde.“

Und zum Zweiten, lassen wir doch gleich den Augenzeugen selbst zu Worte kommen (54): "Deshalb versuchte unser Großvater mit allen Mitteln die Soldaten zum Rückzug zu bewegen, damit unsere Ortschaft nicht im letzten Augenblick in diesem Kriege noch ein Opfer der Verwüstung und Zerstörung würde."

Was dies in diesen Tagen bedeutete und in welch persönliche Gefahr sich Bürgermeister Fischer damals begab, möge man aus einer Meldung, veröffentlicht am 14 April 1945 in der Fränkischen Tageszeitung, Nürnberger Ausgabe A, entnehmen (55):

"Die Tafeln der Schmach und Schande ............
Tod allen Verrätern!

Standgerichtlich wurden zum Tode verurteilt: Volkssturmmann Rößler aus Rothenburg o. T.
Volkssturmmann Hanselmann aus Brettheim
Volkssturmmann Uhl aus Brettheim
Bürgermeister Gackstatter aus Brettheim
Ortsgruppenleiter Wolfmeyer aus Brettheim.

Rößler hat, als er vor dem Feinde eingesetzt werden sollte, schon nach wenigen Stunden heimlich die Stellung verlassen und sich unerlaubt nach Rothenburg o. T. zurückbegeben. Die Fortführung des Kampfes an der Front überließ er den anständigen Kameraden seiner Volkssturmkompanie

Hanselmann und Uhl haben vier Hitlerjungen, die als Panzerknacker auf dem Marsch gegen den Feind waren, entwaffnet, geschlagen, fortgejagt und sämtliche Waffen vernichtet.
Gackstatter und Wolfmeyer haben sich schützend vor den Verräter Hanselmann gestellt.

Das Urteil gegen Rößler ist durch Erschießung, gegen Hanselmann, Gackstatter und Wolfmeyer durch Erhängen bereits vollstreckt worden. Uhl ist flüchtig und wird verfolgt. Wer ihm Unterschlupf und Hilfe gewährt, wird ebenfalls mit dem Tode bestraft.

Das deutsche Volk ist entschlossen, mit zunehmender Schärfe solche feigen, selbstsüchtigen und pflichtvergessenen Verräter auszumerzen und wird nicht davor zurückschrecken, auch deren Familien aus der Gemeinschaft des in Ehren kämpfenden Volkes zu streichen.

Der Kommandierende General, gez. Simon
SS-Gruppenführer und Generalleutnant der Waffen-SS."

Zudem kam noch, dass ein Befehl des Reichsführers der SS Heinrich Himmler, der sog. "Flaggenbefehl" in diesen Tagen - Anfang April 1945 - vom SSD Nürnberg an die KdO Würzburg, Regensburg und Ansbach per Funk durchgegeben wurde.

 
 
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