Das Tintenfass!
von Dethardt Lauter
   
         
   

War da das hübsche Mädchen eines größeren Bauern, die die andern Kinder gern hänselte. Dafür konnte ich sie nicht gerade gut leiden. Einmal saß sie während der Freiviertelstunde auf dem großen steinernen Eingangspfosten zum Schulhof. Genau gegenüber war das große Fenster des Arbeitszimmers des Lehrers und an diesem Fenster stand innen der Schreibtisch und darauf wiederum das große Tintenfass. Gerade saß der Lehrer Hefte korrigierend am Schreitisch. Die kleine freche hatte mich von ihrem hohen Sitz aus immer gehänselt, ich hatte aber nicht reagiert. Nun rief sie mehrmals „Pfarrersschlack, Pfarrersschlack“ (Pfarrerslümmel). Dafür aber gab es, wenn es die Buben riefen Keile, ich konnte es nicht ohne Weiteres einstecken.

Da ich ziemlich entfernt spielte, hob ich einen großen Stein auf und warf ihn nach ihr. Sie aber bog gewandt aus und der Stein flog gerade durch das Fenster mitten in das Tintenfass des Lehrers. Dieser bekam die ganze Tinte über und über. Er stürzte in den Hof, um die Schandtat zu rächen. Das kleine Schandmäulchen verriet mich auch sofort und so schleppte uns der Lehrer, der den Hergang prompt erfasste, zum Kadi, d.h. zum Herrn Pfarrer. Der hielt rasches Gericht und, da der Lehrer bei dieser Gymnastik nicht unbeteiligt sein wollte, so verdrosch er seinerseits die kleine Schlange wegen ihrer Hänselei.

   
         
         
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