22. Febuar 1915 Feldpostbrief von Matthäus Ständtner
 
 
 
 
 
     
 
         
    Ivoiry, den 22. Februar 1915

Werter Herr Pfarrer!

Mit einigen Worten möchte ich Ihnen mitteilen, daß Sie mich mit zwei Paketen unverhofft überrascht haben, und ich dafür meinen besten Dank übersende, sowohl Ihnen wie auch der Pfarrgemeinde. Ich bin Gott sei Dank noch gesund und munter und bisher noch glücklich davongekommen, obwohl die Granaten und Schrapnell(kugeln) schon um mich herumgesaust sind und auch schon manchen Kameraden weggenommen haben. Wie zum Beispiel Hans Berger von Eschenbach gefallen ist durch einen Granatenschuß, bin ich nur 200 Meter weg auf Posten gestanden. Es war am 8. Februar.

Meistens fallen sie über den Arbeitsdienst her. Unsere Stellung ist am Waldesrand, fast vollständig in der Erde und wird immer noch besser ausgebaut, so daß nach und nach die Feldwachen vom sechsten mit siebten Regiment ganz unter der Erde Verbindung halten können, und da gibts Arbeitsdienst bei Tag und auch bei Nacht, denn wo man bei Tag gesehen wurde, das mußte bei Nacht gemacht werden. Die Gänge werden mit Gesträuchern ausgeflochten, so daß die Erde nicht nachfallen kann und teilweise oben mit Blechen überlegt.

Wir haben an Kaisers Geburtstag Feldpostdienst gehabt und waren (auch) schon zwei mal in der Kirche. Heute den 22. Februar hörte man auch wieder einmal Glockengeläute und zwar auf der ganzen Front, soweit man hörte, weil sie wiederum einen großen Transport Russen gefangen haben. Vielleicht würde es doch bald ein Ende nehmen.

Wir haben jetzt immer viel Regenwetter. Die Kälte ist ja nicht mehr gefährlich. Wir haben (es) diese Woche hart gehabt, immer erhöhte Bereitschaft, und (sind) alle Nacht alarmiert worden. Aber die Franzosen sind doch nicht bei uns heraus, sondern bei den 125ern und 124er, wo unser rechter Flügel liegt, und links von uns liegt das siebte Landwehrregiment. Beide Flügel liegen näher am Feinde als wir. Bei uns ist die nächste Entfernung 600 Meter, wo sie links vor der Ortschaft Avocourt ("Abernkurt") ihre Feldwache haben. Ich selbst habe zwar noch keinen gesehen und auch noch keinen Schuß gemacht. Das Regiment 124 hat gestern wieder einen kleinen Vorstoß gemacht und dabei wieder zehn Tote und einige Schwerverwundete gehabt. Näheres vom Kriege kann ich leider nicht schreiben.

Ich danke nochmals bestens für die Gaben, die mir gesandt wurden.
Herzliche Grüße aus fernem Lande
sendet
Math. Ständtner

Wir loben dich oben du Lenker der Schlachten
und flehen, mögst stehen uns fernerhin bei,
daß deine Gemeinde nicht Opfer der Feinde,
dein Name sei gelobt o Herr, mach uns frei!

   
         
 
     
 
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